Entscheidungsträgheit mit den richtigen Ritualen verhindern

Entscheidungsträgheit mit den richtigen Ritualen verhindern

Status Quo-Bias, Default-Bias und pluralistische Ignoranz vermeiden
Schokolade oder Kaffee?

Im Handelsblatt, in der WirtschaftsWoche und in der einschlägigen Presse wird immer wieder mit Recht die Entscheidungsträgheit in Industrie und Politik aufs Korn genommen.

Nun heißt es (Selbst-) Erkenntnis ist der beste Weg zur Besserung. Also stellt sich die Frage nach der Ursache dieses Problems.

Die Psychologie führt einen Effekt auf, mit dem Namen Status Quo-Bias oder Status-quo-Verzerrung und meint damit eine emotionale Voreingenommenheit und Vorliebe für den aktuellen Stand der Dinge. „So wie es ist, ist es gut.“ Die aktuelle Ausgangslage (also der Status quo) wird als Bezugspunkt genommen, und jede Veränderung von dieser Ausgangslage wird als Verlust empfunden. Studien zeigen, dass der Status Quo-Bias häufig die menschliche Entscheidungsfindung und damit den Willen, etwas zu ändern, beeinflusst.

Dazu ein Beispiel (Quelle Risiko im Management, Springer Verlag): In einem Experiment mussten Studierende einen Fragebogen ausfüllen. Als Entschädigung erhielt die eine Hälfte einen Kaffeebecher und die andere Hälfte eine Tafel Schokolade. Anschließend wurde ihnen angeboten, ihre Entschädigung gegen die jeweils andere zu tauschen. 90% der Teilnehmer entschieden sich gegen einen Tausch. Da die Zuteilung der Entschädigung zufällig war, kann davon ausgegangen werden, dass ein Teil der Probanden nicht das Geschenk erhielt, das sie im Voraus bevorzugt hätten, und dass sie dieses deshalb nun eintauschen möchten.

Der Status Quo-Bias hat große Überschneidungen mit dem Default-Effekt, wonach diejenige Option (Default Option) bevorzugt wird, bei der keine aktive Entscheidung nötig ist, sicher auch einer der Ursachen, warum die Studierenden nicht tauschen. Hätten sich die Studierenden öffentlich entscheiden müssen, wäre vermutlich ein dritter Effekt dazugekommen: Die sogenannte Pluralistischen Ignoranz, wonach man das eigene Eingreifen von der Handlung der Mehrheit abhängig macht. Unrühmliches Beispiel hierfür: Im Münchner Olympiasee (maximale Tiefe 50 cm!) starb einst ein Kind, dass im Eis eingebrochen war: Viele Gaffer standen herum – keiner half. Das Kind wäre wohl gerettet worden, hätten nur 1 oder 2 Erwachsene den Unfall beobachtet. So galt: Die anderen tun nichts, das wird schon seine Gründe haben.

Diese drei systematischen Effekte sind aus meiner Sicht die häufigste Ursache für Entscheidungsträgheit in Wirtschaft und Politik. Sie führen oft zu großen Problemen.


Systematische Fehler lassen sich beheben


Glücklicherweise lassen sich systematische Fehler meist leicht beheben, am einfachsten mit einer anderen Systematik: mit Ritualen. Von kognitiven Fehlleistungen sind natürlich nicht nur die Top Manager betroffen, sie wirken sich bei allen Mitarbeitern aus. Ich ermutige meine Mitarbeitenden und Kunden daher zu folgenden Ritualen:

Tägliche Stand-Up Meetings: Wir treffen uns täglich zu einer maximal 10-minütigen Besprechung (Präsenz, online oder hybrid). Nur 3 Tagesordnung Punkte: Jeder/r erzählt kurz, was gestern geschah, was heute ansteht und welche Entscheidungengetroffen werden müssen. Am Ende werden Entscheidungen getroffen.

Zwei Dinge werden dadurch ritualisiert, dass heißt alle gewöhnen sich daran:

  1. Reden vor den anderen
  2. Entscheidungsbedarf benennen
  3. Entscheidungen transparent machen

Das RACI oder Adler Prinzip: Mittels der Methode RACI ist transparent, wer zuständig ist (der sogenannte Adler) und an wenn die Adler Rolle für Entscheidungen vergeben und somit verbindlich eingefordert wird.

Viele mögen die Methode RACI als formale Methode zu Projektbeginn kennen, leider wird sie meist nur als Alibi (Check-in-the-Box) verwendet, satt sie kontinuierlich zu nutzen.

Mit Stand-Up Meetings und dem kontinuierlichen Einsatze von RACI wird es auch Ihnen gelingen etwas für ein Klima der Entscheidungsfreudigkeit zu tun. Eine effektive Fehlerkultur ist eine weitere wichtige Grundlage, dazu mehr in einem späteren Artikel.

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